Also eigentlich kann Sucre überhaupt nichts dafür, die „weiße Stadt“ ist wunderschön und so ganz anders als Santa Cruz de la Sierra. Sie erinnert uns stark an eine spanische Stadt mit den vielen schönen Kirchen, der großen Plaza und den Kolonialgebäuden. Das die Anfahrt beschwerlich ist, die Stadt auf 2.800 m liegt und Tina krank wird, da kann ja Sucre nichts dafür, aber von vorne…
Eine waghalsige Fahrt
Von Samaipata kann man mit dem Bus über Nacht ca. 11 Stunden nach Sucre fahren. Nachdem wir gehört hatten, dass die Strecke beschwerlich bis gefährlich sein soll, entscheiden wir uns einen günstigen Flug mit der Airline Amaszonas von Santa Cruz für unter 30 Euro pp zu buchen. Der Flug mit einer kleinen aber feinen Maschine ist recht angenehm, pünktlich und kurz (40 min) und es gibt sogar was zu trinken!
Die Taxifahrt vom gerade eröffneten Flughafen Sucre in die Stadt, die wir uns mit 2 Brasilianerinnen teilen, ist auch wunderbar, es gibt sogar Anschnaller. Schrecklich ist nur die Anfahrt zum Flughafen von Samaipata zurück nach Santa Cruz, die Hinfahrt war ok, aber die Rückfahrt jetzt eine Erfahrung, die man nicht braucht, und doch in so Ländern immer mal wieder erlebt.
Der recht junge Fahrer rast wie ein Wilder mit seinem alten Minibus durch die Serpentinen als gäb’s kein morgen mehr. Und die Straßen, wenn man das überhaupt so nennen kann, sind schlecht, und uns auch nach kurzer Zeit. Auch als ein kleines Kind sich vor uns übergeben muss, passt der Fahrer seinen Fahrstil nicht an, sondern lässt das kleine Kind nur kurz aussteigen. Er versucht die zahlreichen Schlaglöcher zu umfahren, was immer wieder zu plötzlichen und unvorhersehbaren Manövern führt, die meisten nimmt er allerdings volle Pulle mit. Auch das man langsam vor Hubeln und ähnlichem abbremst, scheint die bolivianische Fahrschule nicht zu lehren. Tina und ich sagen so gut wie kein Wort die ganze Fahrt… Als der Fahrer dann noch anfängt zu telefonieren und Erdnüsse zu pellen, über Bürgersteige fährt, um an einem Stau vorbei zu fahren, gehen die ersten Gebete Richtung Himmel 😉 Aber was sollen wir sagen, wir sind gut angekommen.
Die Höhe macht uns zu schaffen
Angekommen in Sucre checken wir ins Hostel Villa Oropeza ein, erkunden noch ein wenig die Nachbarschaft und gönnen uns nach einer Woche Vegetarierdasein, einen pollo (Brathähnchen). Die Stadt ist auch im Dunkeln direkt schön und angenehm, sehr schick durch die vielen Kolonialgebäude. Am nächsten Tag machen wir uns früh auf zum Markt, um für unser Frühstück Brot und Obst einzukaufen. Der mercado central ist groß und es gibt viel Obst, Gemüse, Fleisch und Essensstände.
Am Nachmittag erkunden wir die Stadt, aber es machen sich wohl die ersten Anzeichen der Höhenkrankheit bemerkbar, schlapp nach wenigen Metern, Kurzatmigkeit und Unlust machen sich breit, da kann auch irgendwie der erste Coca Tee nicht weiterhelfen. Das hätte ich nicht gedacht, vor allem weil wir in Samaipata schon auf 1700 m eine Woche uns eingewöhnt hatten, aber Sucre liegt halt auf 2800 m, ein doch dann zu großer Unterschied. Wir vergessen auch noch viel mehr zu trinken (an die 3 Liter sollte man). Zurück im Hostel kochen wir noch was und gehen früh schlafen.
Das war nicht auf der To-Do-Liste
Leider nicht all zu lange. Tina geht es auf einmal gar nicht gut und die Rache Montezumas macht sich bemerkbar. Da sie nichts trinken kann und man in der Höhe aber um so mehr Flüssigkeit braucht, machen wir uns Sorgen. Das ist nicht das erste Mal, dass uns sowas auf Fernreisen passiert, aber in der Höhe können wir die Gefahr nicht einschätzen.
Als es nach mehreren Immodiums nicht besser wird, beschließen wir ins Krankenhaus zu fahren. Das ist um 5 Uhr morgens aber gar nicht so einfach, Taxis kann das Hostel wohl erst ab 7 Uhr rufen, also gehen wir zu Fuß um den Block ins städtische Krankenhaus Santa Barbara. In der Notaufnahme wird uns zum Glück nach kurzen Diskussionen weitergeholfen. Man muss aber immer erst mal bezahlen, der Arztbesuch kostet 15 Pesos (= 2€), die Diagnose ist schnell klar, Reisediarrhoe, Tina muss an den Tropf. Ich also raus, zur Krankenhaus Farmacia, dann wieder zur Kasse (8€) und den Kram dem Doktor bringen. Ich mache mir schon Sorgen, da zwar die Leute kompetent wirken, aber die Hygiene ja oft das Problem ist. Als die Schwester die Nadel ansetzt ohne Handschuhe und für meine Begriffe nicht ausreichend desinfiziert, bekomme ich schon ein mulmiges Gefühl.
Aber Tina ist jetzt am Tropf und wird mit einer Kamelhaardecke zugedeckt. Ich werde gebeten, draussen im „Wartezimmer“ zu warten, eine kalte Angelegenheit ohne Heizung und 5 Grad Außentemperatur. Aber gut, ich schau mir an, wie die Stadt erwacht und hoffe das es Tina wieder besser geht. Und das funktioniert, nach 1,5 h am Tropf wird sie entlassen und ist wieder ein wenig fitter mit einem Rezept für ein Antibiotikum, Elektrolyte, und Unterstützung der Darmflora im Gepäck… Ich suche auf die Schnelle noch ein neues Hostel, in dem es ruhiger und angenehmer ist, damit Tina sich schneller erholen kann. Eine Erfahrung, auf die wir gerne verzichtet hätten, aber auch auf einer Reise gibt es viele ups and downs…
Sucre: eine wunderschöne Stadt
Tina geht es relativ schnell wieder besser und wir unternehmen noch ein paar schöne Sachen. Da ich merke, dass man ohne Spanisch in diesem Land (und den darauf folgenden sicher auch) nicht viel weiter kommt und ich auch nicht immer Tina vorschicken möchte, besuche ich eine Sprachschule in der Nähe und belege 3×4 Stunden, Tina steigt auch noch ein mit 2×2 Stunden, gut für die Auffrischung, aber jetzt heißt es weiter Pauken.
Ansonsten sind wir in unserem neuen Hostel CasArte Tarkabumba sehr zufrieden, ein entspannter Ort, wenn auch ein wenig über unserem Budget (ca. 30€/ Nacht). Aber wir merken, dass eine gute Unterkunft sehr viel zur Eingewöhnung und zum Wohlbefinden beiträgt, und wir beschließen daran nicht zu sparen.
Wir kochen was oder gehen bei einem mexikanischen Schnellimbiss (Tacos & Burritos) essen, gehen ins Kino für wenig Geld, und schauen Gru 3 – Mi villano favorito mit salzigen Popcorn und Cola (ohne Coca ;). Ich verstehe zwar kein Wort, amüsiere mich aber trotzdem. Wir besuchen einen mirador (Aussichtspunkt), bei dem man eine schöne Sicht auf die Stadt hat.
Dort gehen wir noch in ein indigenes Kunstmuseum (Museum of Indigenous Art ASUR) und kaufen uns auf einem Markt die obligatorischen Alpakapullover, die uns in den kommenden noch höheren Lagen warm halten sollen. Ein Pullover aus Alpakawolle für umgerechnet 12€, ein gutes Geschäft.
Außerdem besuchen die Kirche Iglesia Nuestra Señora de La Merced die gerade renoviert wird, aber von deren Dach man auch eine schöne Aussicht hat.
Wir besuchen das Museum Casa de la Libertad (Unabhängigkeitsmuseum), machen eine englische Führung mit und lernen viel über Bolivien. Zum Beispiel, dass Bolivien nach dem Unabhängigkeitskämpfer Simón Bolívar benannt wurde, dass es in 200 Jahren 85 Präsidenten gab und die kürzeste Amtszeit 1 Tag betrug, und dass der jetzige Präsident Evo Morales der erste indigene Präsident ist und er viel für die indigene Bevölkerung im Land getan hat. Er hat die Verfassung geändert und die Republik Bolivien in den Plurinationalen Staat Bolivien umbenannt. Mittlerweile ist er allerdings nicht mehr so beliebt, da er wie so viele an der Macht festhält, er darf eigentlich keine weitere Amtszeit begehen, hat das in einem Referendum wählen lassen, die Bevölkerung sagt „Nein“, aber das will er nicht akzeptieren…
Wir bleiben (auch aufgrund der Krankheit) 6 Nächte in Sucre, haben uns zum Schluss schön eingelebt und mögen diese kleine Stadt, in der man sich sicher fühlt, und so europäisch wirkt, in der immer was los ist (welches folgende Video beweist, dass man runterladen kann). Jeden Abend gibt es ein Feuerwerk und eine Kapelle läuft durch die Stadt, hier zum Ferienbeginn der Schüler und Studenten, alle auch verkleidet und am tanzen.
Danach geht es nach Uyuni für unseren 3-Tages Trip durch die Salzwüste. Potosi wollten wir eigentlich besuchen, aber aufgrund der vorangeschritteten Zeit und da es dort schneien soll, sparen wir uns das (dann hat man auch nochmal einen Grund wieder zu kommen :))
Mal ganz nebenbei: Die Sache mit dem Hund
Da ist noch diese komische Geschichte mit dem Hund, als Tina krank wurde. Wir kommen aus dem Hostel raus und da steht ein Hund, der uns folgt. Nichts besonderes in diesen Ländern, es gibt einfach unzählige Straßenhunde. Da ich dafür jetzt aber keinen Nerv habe, versuche ich ihn zu verscheuchen, klappt aber nicht, folgt uns bis zum Krankenhaus. Beim Krankenhaus bleibt er die ganze Zeit bei mir und folgt mir auch kurz zum Kiosk, um Wasser zu kaufen.
So weit, so gut, nichts besonderes, hofft halt auf Futter. Er folgt uns auch später wieder zurück zum Hostel. Als ich dann kurze Zeit später wieder los bin, um für Tina und mich eine neue Unterkunft zu suchen, die etwas netter, ruhiger und wärmer ist, damit Tina sich besser erholen kann, läuft der Hund jetzt immer vor mir her genau in die Richtung, wo ich mir ein Hostel anschauen möchte und stoppt erst genau vor diesem Hostel und setzt sich hin. Er folgt mir dann auch wieder zurück zum alten Hostel. Nachdem wir am anderen Tag beim neuen Hostel mit dem Taxi ankommen, einchecken und ich Richtung Apotheke möchte, steht der Hund wieder vor der Tür, und folgt mir wieder…
Eine komische Sache, und ich glaub an so was ja eigentlich überhaupt nicht, aber irgendwie kam es mir vor als wollte er ein bisschen auf uns aufpassen in dieser schwierigen Situation… 😉
Gut, dass es Tina wieder gut geht. Und die Sache mit dem Hund finde ich natürlich auch interessant. Da hat wirklich einer auf euch aufgepasst. hdl Ma